Good Bye Vereinslokal

Jetzt ist es so weit, das Lokal wird geschlossen (ich muss mich immer erinnern, dass ich Lokal sag und nicht Verein, das hat schon zu größeren Verwirrungen geführt also verzeiht mir, falls ich mich mal verschreib).


Das Vereinslokal Gaullachergasse im März 2019

Ich weiß noch ganz genau wie ich das erste Mal vor zweieinhalb Jahren – es war, wenn ich mich nicht täusche der 10. Juli 2018 – im Verein war: Es war ein Nieseltag, ich hab mir extra Frühdienst genommen (damals in der anderen Firma ging das noch) und musste mich zur S-Bahn stressen, damit ich pünktlich ankam. Dann noch einmal an der Kreuzung falsch abgebogen (Google Maps hasst mich wenn ich zu Fuß unterwegs bin und sagt mir immer irgendwas an -.-) und dann war ich schon da.

Ich wurde von 3 Männern begrüßt, dem damaligen Obmann Johannes Haselhofer und meinen zukünftigen Freunden Robert und Roland. Natürlich bin ich auch mit Johannes befreundet – schade, dass er nicht mehr im Verein ist.


Ich hatte mich via YouTube und Internet schon über Pen and Paper informiert und einige Let's Plays gesehen und wusste ungefähr auf was ich mich einlasse, dennoch war ich überwältigt als ich das erste Mal in den Halbkeller hinein ging: Bänke, Tische, Trennwände, ein riesengroßer Kasten, der über und über mit Regelwerken bestückt war – es gibt so viele Regelwerke! – Essen und Trinken, alles, was man braucht in einem Raum! Toll, ich war verzaubert.

Zu dritt bauten wir in eineinhalb Stunden meinen ersten Charakter „Brash“, dies war der Anfang für mich im Vereinslokal und natürlich dem Verein ;).


An meinem zweiten Tag zahlte ich sofort meine Mitgliedschaft als außerordentliches Mitglied, auch wenn ich noch einen Frei-Tag hatte: War mir egal, ich wusste hier fühl ich mich wohl, hier fühl ich mich zuhause mit (hoffentlich) meinen neuen Freunden und ja – nicht nur meine Mitspieler wurden meine Freunde, nein seit ich in dieses Vereinslokal betreten hab, habe ich viele neue Freunde und Gleichgesinnte getroffen und dass macht mich sehr glücklich.


Während ich diese Worte schreibe, bin ich überglücklich, wenn ich darüber nachdenke was ich alles in diesem Vereinslokal erlebt habe, wen ich getroffen habe und was für Freundschaften ich geschlossen habe bin ich sehr dankbar. Aber zurück zum Thema – ich bin noch nicht fertig:


Nach einem Monat hatte mich, wie fast jeden mit zu wenig Freizeit, der Größenwahn gepackt und ich hatte plötzlich fünf Runden wo ich mitspielte. Das musste ich leider wieder ändern. Als Koch hat man halt andere (Arbeits-)Zeiten meist Spätdienste... , aber ich realisierte auch langsam wie das Lokal wirklich aussah, der Zauber verflog langsam. Der Boden war stellenweise gefährdet, wenn zu viele Runden waren, war es verdammt laut, das Essen war naja Meh –aber hey ich bin Koch! – die Regale im Kasten drohten zu brechen da wir mehr Bücher reinstopften als für den Kasten gut war und so weiter aber hey, ich liebte es immer noch, egal was für Wehwehchen das Lokal hatte, egal wie klein es war, egal wenn es laut war, egal was auch immer.


Die Zeit verging und plötzlich war ich für den Verein als Standbetreuer auf der Yunicon (meine erste Con überhaupt in der Richtung!). Am ersten Tag dachte ich mir: „Alta was tu ich hier? Ich bin ein bisschen Fehl am Platz.“. Das dachte ich am ersten Tag, am zweiten gefiel es mir schon besser. Versteht mich nicht falsch, ich hatte immer Spaß nur war es ein mächtiger Flash für mich, die ganzen Cosplayer und die ganzen Crossplayer zu sehen, wo ich zweimal hinsehen musste um zu wissen, ob das jetzt ein hübsches Mädel oder ein hübscher Junge war.


Einen Monat später war ich auf der Comic Con: Einfach geil, und das alles nur, weil ich das Vereinslokal gefunden hab, ich weiß nicht wie es gewesen wäre, wenn der Verein damals im Pfarrhof gespielt hätte wie es ja eine Zeit lang gewesen ist. Der Kevin, der jetzt hier sitzt und diese Zeilen schreibt, war vor zweieinhalb Jahren noch nicht so wie er jetzt ist, das Hobby hat doch ziemlich meinen Charakter gestärkt aber davon vielleicht ein anders Mal.


Dann im Dezember war die erste Weihnachtsfeier des Vereins – natürlich im Lokal – dort traf ich so viele Leute, die ich noch nie gesehen hatte, da man ja nie alle Runden trifft, das war so ein schöner Abend. Ich hab Stunden mit Plaudern und Spielen verbracht, bis ich berufsbedingt gehen musste da ich natürlich am Sonntag Arbeiten musste und meine Frau auch noch ein bisschen Zeit mit mir verbringen wollte also nein kein Schlafen bis 14 Uhr ^^.


Im Jänner hab ich gleich die ordentliche Vereinsmitgliedschaft gezahlt und war nun wahlberechtigt, ich hatte mir damals zur ersten GV schon geärgert, dass ich nicht wahlberechtigt war.


Neue Freunde kamen, und ich hab jetzt angestrengt nachgedacht aber es ist niemand gegangen, ich hab noch mit jedem Kontakt auch mit denen die sehr introvertiert sind und sich nie von selbst melden hab ich noch Kontakt. Ich hatte noch nie so viele Freunde!, (Kindergarten und Volksschule gelten nicht) Ich selbst war, von der damaligen Sicht, ein ziemlicher Eigenbrötler und hatte nie viele Freunde – Mobbing in der Schule und so weiter. Aber seit ich das Lokal das erste mal betreten hab wurde mir langsam klar: Ich hatte nur die falschen Freunde, nein warte, das ist falsch – ich hatte ein paar falsche Freunde es haben sich zwei rauskristallisiert, mit denen ich noch heute befreundet bin, Der, Rest ist Schall und Rauch.


Aber wenn ich jetzt nachdenke, wer mein Freund ist, brauch ich mehr als eine Hand, nein, ich brauch mehr Hände als ich habe um sie zu zählen – wie schon gesagt, es macht mich gerade sehr glücklich dies alles zu schreiben.


Ich hatte damals einen sehr anstrengenden Job. Neuneinhalb Stunden waren Standard, wenn nicht zwölf+. Wenn ich das Lokal betrat, begann mein seelischer Urlaub. Wo sonst, konnte ich meine Freunde treffen und vier bis acht Stunden entspannen? Es war bis zum Schluss, der 18.10.2020 immer ein Genuss hier zu sein.


Jetzt machen wir eine kleine Zeitreise zum Mai 2020, als das Covid-19 Virus nervig wurde: Lockdown! Wir mussten umsteigen auf Online Runden. Ich vermisste den Verein jedes Mal, wenn ich spielte, auch wenn ich das Beste daraus machte und ich auch Geld sparte. Das Geld war mir egal da ich gern in das Vereinslokal investierte. Ich fing an zu zählen, wie viele Runden ich in der Lockdown-Zeit hatte, multiplizierte es mit der Durchschnittssumme, die ich im Lokal immer liegen ließ und spendete das Geld.

Nach dem Lockdown war ich einer der Ersten, die eine Runde im Lokal machten und ich war so happy, dass ich wieder nach Wien fahren konnte und in den Räumlichkeiten gemeinsam mit meinen Freunden spielen konnte. Das war auch der ausschlaggebende Grund, dass ich mit „Gedanken eines Spielleiters“ anfing. Der erste Post geht um die Wiedereröffnung.


So machen wir noch einen Sprung in die Zukunft nur ein paar Tage vor dem 23.10.2020. Mittlerweile bin ich seit Jänner in einer ausführenden Funktion, a.k.a. Lagerist und darf, wenn der Vorstand redet auch meinen kreativen Kremsersenf dazugeben. Und auch ich hatte, nachdem ich Wochen und Monate zuvor gekämpft hatte, das Lokal so lange wie möglich offen zulassen, gesagt, dass es intelligenter ist, es zu schließen.

Und ja, jetzt ist es so weit, um es mit meinem Anfangssatz zu sagen, das Lokal ist zugesperrt und wir werden die Liegenschaft Gaullochergasse 61/1 aufgeben – früher als geplant, danke Covid19, und es ist beschlossen, dass wir die kosteneffektivste Methode angehen. Wir werden erst wenn die Regierung Entwarnung gibt, ein neues Lokal suchen und beziehen.


Als Abschlussworte möchte ich euch nochmal daran erinnern, dass es in diesen Sätzen nur um eines ging: Das Lokal. Ohne dieser Liegenschaft wäre ich wahrscheinlich nicht da, wahrscheinlich ein Workaholic und mehr als unausgelastet mit Freunden die ich an einer Hand abzählen kann, die kommen und gehen und vielleicht nicht zufrieden mit mir und dem Leben. Denn Pen and Paper ist mehr als ein Spiel, ein Hobby oder Zeitvertreib es ist auch Therapie, eine Lebenseinstellung und der stete Tropfen, der das Fass der Lebensfreude füllt, bis es übergeht und du weißt, wieso du lebst, DAS alles hab ich nur dadurch gefunden und erlebt, weil es das Vereinslokal gibt, beziehungsweise bald gab ... aber keine Sorge, wir bleiben stark und werden den Virus besiegen und danach stärker hervorkommen und ein neues schöneres größeres Lokal finden.


Ich werde dem Verein sicher eine Träne nachweinen, vielleicht zwei aber ich seh nach vorne und hoffe auch, dass wir bald ein neues Lokal finden.